Gemeinsam in die Übergabe
Die Unternehmensübertragung ist ein gemeinsamer Prozess zwischen Übergeber und Nachfolger. Wichtige Fragestellungen und Entscheidungen können deshalb nur gemeinsam beantwortet und getragen werden, da sie für beide Seiten zum Teil weitreichende (finanzielle) Folgen haben können.
Mit folgendem Überblick sollen die wichtigsten, gemeinsam zu klärenden Themen dargestellt werden.
Welche Form der Nachfolge passt am besten?
Welche die beste Form der Unternehmensübergabe ist, kann aufgrund der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und der rechtlichen Folgen nicht allgemeingültig beantwortet werden. Auf Grund unterschiedlicher Voraussetzungen in jedem Betrieb muss in jedem Einzelfall eine individuelle Lösung gesucht werden. Lassen Sie sich bei der Entscheidungsfindung in Form von anwaltlicher, notarieller oder steuerlicher Beratung dringend unterstützen.
Grundsätzlich lassen sich folgende Formen der Nachfolge unterscheiden:
a) Übertragung innerhalb der Familie
Soll das Unternehmen im Besitz der Familie bleiben, kann die Eigentumsübertragung auf verschiedene Weise erfolgen:
- Vorweggenommene Erbfolge bzw. Schenkung: Unentgeltliche Übertragung des Unternehmens zu Lebzeiten an ein/mehrere Kind/-er bzw. Familienmitglied/-er.
- Schrittweise Übertragung durch Beteiligung an Personen- oder Kapitalgesellschaft bzw. Schenkung oder Verkauf: Die Geschäftsanteile gehen nach und nach auf ein Kind/Familienmitglied bzw. mehrere Kinder/Familienmitglieder über.
- Gewillkürte Erbfolge per Testament/Erbvertrag: Eine Festlegung des Erbanteils ist individuell möglich.
- Gesetzliche Erbfolge: Sie ist wenig ratsam, da Entscheidungsfindungen unter Erbengemeinschaften oft schwierig sind.
b) Verkauf des Unternehmens
Findet sich für die Unternehmensnachfolge kein Familienmitglied, so kann das Unternehmen verkauft werden. Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:
- Verkauf von Teilen bzw. des ganzen Betriebsvermögens: Alle Wirtschaftsgüter, Forderungen und Schulden gehen auf den neuen Inhaber über.
- (Schrittweiser) Verkauf des Unternehmens oder einer Beteiligung: Der Nachfolger erwirbt Anteile in Etappen und übernimmt sukzessiv die Führung vom Übergeber.
- Verkauf des Unternehmens oder einer maßgeblichen Beteiligung an die Mitarbeiter: Mitarbeiter übernehmen gemeinsam das Kapital und setzen eine Geschäftsführung ein.
- Verkauf an Führungskräfte aus dem Unternehmen (Management-Buy-out, MBO) oder von außerhalb (Management-Buy-in, MBI): Hier ist die Finanzierung, mit oft erheblichem Fremdkapitaleinsatz, häufig eine Herausforderung. Ferner besteht bei größeren Unternehmen die Einstiegsmöglichkeit für Finanzinvestoren (Private-Equity-Gesellschaften).
c) Betriebsverpachtung
Bei einer Betriebsverpachtung bleibt der Altunternehmer Eigentümer des Unternehmens. Der Nachfolger erhält das Recht, die zum Betrieb gehörenden Wirtschaftsgüter (einschließlich Firmennamen, Rechten und Know-how) zu nutzen und die Erträge daraus zu ziehen. Dafür zahlt er regelmäßig einen Pachtzins, der in der Regel vom erwirtschafteten Umsatz oder Ertrag abhängig ist. Sollten Sie eine Betriebsverpachtung in Erwägung ziehen, so lassen Sie den Pachtvertrag unbedingt mithilfe eines Rechtsanwalts oder Notars aufsetzen!
d) Einsatz eines Fremdgeschäftsführers als Übergangslösung
Die Einsetzung eines familienfremden Geschäftsführers (oder Vorsitzenden der Geschäftsführung) bietet sich an, wenn sich der Unternehmer zwar aus der Leitung des Unternehmens zurückziehen, aber Eigentümer des Betriebs bleiben und weiterhin grundlegende unternehmerische Entscheidungen in der Hand behalten möchte. Der neue Geschäftsführer kann aus dem Unternehmen oder von außen kommen. Häufig wird diese Option als Übergangslösung gewählt, wenn sich noch kein geeigneter Nachfolger aus der Familie herauskristallisiert hat oder Kinder, die in Frage kämen, noch zu jung oder unerfahren sind.
e) Stiftung
Für den Fall, dass ein Unternehmer keinen Nachfolger aus der Familie findet, kann im Einzelfall eine Stiftung zu einer attraktiven Option für die Unternehmensnachfolge werden. Unter einer Stiftung versteht man eine Vermögensmasse, die dauerhaft und verbindlich für einen oder mehrere Zwecke zur Verfügung gestellt wird. Folgende Vorteile ergeben sich daraus:
- Die Stiftung ist eine juristische Person ohne Inhaber, Gesellschafter oder Mitglieder – sie gehört also sich selbst. Die Stiftung kann zu Lebzeiten des Inhabers erfolgen oder durch ein Testament geregelt werden.
- Der Unternehmer kann mit einer unternehmensbezogenen Stiftung sein Lebenswerk, das Unternehmen, auf Dauer erhalten. Eine Zerschlagung oder ein Ausverkauf ist nicht möglich, da der staatliche Bestandsschutz eine Entnahme von Vermögenswerten dauerhaft verbietet.
- Der Unternehmer kann als Stifter den Stiftungszweck langfristig verbindlich festlegen und auch seine unternehmerischen Ziele und Prinzipien festschreiben.
- Der Stifter kann im Stiftungsvertrag mit der Festlegung der Verwendung der Stiftungserträge seine eigene Versorgung sowie die seiner Angehörigen und Nachkommen sicherstellen.
- Der Unternehmer kann zunächst weiter die Geschäftsführung ausüben. Es bleibt ihm aber auch überlassen, ob er diese in die Hände eines Familienmitglieds oder fremder Manager legen möchte.
Lernen Sie das Unternehmen kennen
Grundlage für die Unternehmensbewertung, künftige Investitionsentscheidungen und damit das weitere Vorgehen im Übergabeprozess ist, dass Sie das Unternehmen, das Sie übernehmen möchten, kennen! Vor der eigentlichen Übergabe und den Verhandlungen über den Kaufpreis sollten Sie sich als Nachfolger und auch der Übergeber dringend ein genaues Bild über die Situation im Unternehmen verschaffen.
Wichtig sind insbesondere Informationen über:
- Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnung
- Wichtige Kennzahlen wie Materialeinsatz, Personalkosten, Sachkosten
- Entwicklung der Kosten- und Ertragsstruktur in den letzten Jahren
- Zukunftsaussichten der Branche, Stellung am Markt und Konkurrenz
- Gründe für positive/negative Entwicklung; Vergleich zu der Entwicklung der Branche
- Aufgabegrund des Alteigentümers
- Zustand von Betriebsstätten, Anlagen und Ausstattung
- Qualifikation, Motivation, Fluktuation und Entlohnung der Mitarbeiter
- Struktur und Merkmale des Kundenstamms, Beziehung des Alteigentümers zu den Kunden
- Standortanalyse (Infrastruktur, Anbindung an Verkehrswege, Breitbandanbindung, Wohnortattraktivität, ggf. Altlasten auf Betriebsgelände)
- Ruf des Unternehmens
- Alle vertraglichen Beziehungen des Unternehmens einschließlich bestehender Verpflichtungen (z.B. Arbeitsverträge, bestehende Verbindlichkeiten)
- Gesellschaftsvertrag und Beteiligungen
- Unternehmensbezogene Rechte, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte und Nutzungen an Rechten
- Mögliche Haftungsrisiken einschließlich Haftung für betriebsbedingte Steuern
Weitere Informationen finden Sie im Wegweiser zur Unternehmensnachfolge unter Genau hinschauen: Das Unternehmen kennenlernen (PDF auf externem Server).
Wie viel ist das Unternehmen wert?
Der Unternehmenswert ist von zentraler Bedeutung bei der Übergabe eines Unternehmens. Viele Übergeber neigen dazu, den Wert ihres Unternehmens zu überschätzen. Vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen ihr Lebenswerk verkörpert, ist dies nur allzu verständlich. Der Käufer hingegen möchte einen möglichst geringen Preis zahlen und seine verfügbaren Mittel lieber in die Weiterentwicklung des Unternehmens investieren.
Auch hier gibt es keine allgemeingültige Lösung: Einen absolut objektiven Unternehmenswert gibt es nicht. Der Kaufpreis ist vielmehr das Resultat von Verhandlungen zwischen Übergeber und Nachfolger und wird beeinflusst vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.
Es gibt verschiedene Methoden, um den Wert von Unternehmen zu ermitteln. Welche davon am passendsten ist, hängt von der Branche, von der Unternehmensgröße und vom Bewertungszweck ab. Einen Überblick vermitteln das IHK-Merkblatt Unternehmensbewertung (PDF auf externem Server), die Publikation Unternehmensnachfolge (PDF auf externem Server) des Bundeswirtschaftsministeriums sowie, speziell für Handwerksbetriebe, die Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Handwerk.
Holen Sie sich als Übergeber und Nachfolger den Rat eines Unternehmensberaters, Wirtschaftsprüfers oder anderen Experten ein. Handwerksunternehmen erhalten von den Betriebsberatern der Handwerkskammern eine kostenlose und neutrale Beratung.
Wahl der Rechtsform
Die Entscheidung für die Beibehaltung oder Änderung der Rechtsform eines Unternehmens ist gut zu durchdenken. Die Rechtsform bestimmt den gesetzlichen Handlungsrahmen und hat eine Vielzahl rechtlicher, finanzieller, struktureller und persönlicher Konsequenzen, zum Beispiel bezüglich Haftung, Grundkapital, Außenwirkung oder Steuern.
Grundsätzlich existieren drei Unternehmensformen, die u.a. folgende haftungsrechtliche Unterschiede aufweisen:
- Einzelunternehmen, d.h. Unternehmen eines eingetragenen Kaufmanns oder einer eingetragenen Kauffrau, zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass der Unternehmer bzw. die Unternehmerin mit ihrem persönlichen Vermögen für die Schulden des Unternehmens haften.
- Gleiches gilt für die Personengesellschaften wie die GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) und OHG (Offene Handelsgesellschaft) sowie für den Komplementär einer KG (Kommanditgesellschaft). Eine Sonderform der Personengesellschaft ist die GmbH & Co. KG. Hier haftet als Komplementär eine GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), bei der die persönliche Haftung der Gesellschafter auf die geleisteten Einlagen beschränkt ist.
- Bei Kapitalgesellschaften haften die Gesellschafter bzw. Aktionäre persönlich nur in Höhe ihrer geleisteten Einlagen und nicht mit ihrem sonstigen persönlichen Vermögen. Das ist zum Beispiel bei einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), UG (Unternehmensgesellschaft) oder AG (Aktiengesellschaft) der Fall.
Die Wahl der Rechtsform hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sie sollten nicht übereilt entscheiden.
Weitere Informationen finden Sie unter anderem bei der Industrie- und Handelskammer , dem IFB (PDF auf externem Server) (Institut für Freie Berufe), der Landesnotarkammer Bayern und auf dem Infoletter GründerZeiten 11: Rechtsformen (PDF auf externem Server).
Unterstützung bei der Wahl der Rechtsform erhalten Sie auch bei Ihrem Steuerberater, Notar oder Rechtsanwalt sowie Ihren Ansprechpartnern vor Ort.
Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
Die Unternehmensnachfolge hat immer auch steuerliche Auswirkungen. Welche Belastungen oder auch Entlastungen werden auf Sie zukommen? Die Antwort darauf hängt beispielsweise von der Art der Übertragung, der Rechtsform des Unternehmens oder der Höhe der persönlichen Freibeträge ab.
Die Erbschaftsteuerreform von 2016 hält an dem Prinzip fest, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, steuerlich zu begünstigen. So sind etwa Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten von der Pflicht befreit, die Lohnsumme für fünf Jahre stabil zu halten, um in den Genuss einer Steuerbefreiung zu gelangen.
Die steuerliche Komplexität einer Übertragung und die Bedeutung der steuerlichen Gestaltung für Übergeber und Nachfolger sind nicht zu unterschätzen. Daher sollten Sie in den Prozess stets einen Steuerberater einbeziehen.
Weitere Informationen entnehmen Sie der Publikation (PDF auf externem Server) des Bundeswirtschaftsministeriums sowie der Broschüre zur Betriebsaufgabe PDF (919 KB) und zur Unternehmensnachfolge PDF (703 KB) der HWK.
Wie geht es weiter?
Besteht Einigkeit über die Modalitäten der Unternehmensübertragung, so muss im nächsten wichtigen Schritt geklärt werden: Wie kann die konkrete Umsetzung der Nachfolge im Unternehmen optimal gestaltet werden. Im Idealfall packen Übernehmer und Übergeber dabei gemeinsam an.
Folgende Tipps können den Weg der gemeinsamen Umsetzung erleichtern:
- Der Seniorunternehmer führt den Nachfolger in den Betrieb ein. Stellen Sie Ihren Nachfolger aktiv Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern vor – dies schafft Vertrauen.
- Gemeinsam klären Sie als Übergeber und Nachfolger, ob und in welchem Umfang der Übergeber eine (vorübergehende) Beratertätigkeit wahrnehmen möchte. Dabei sollte ein fester Zeitpunkt für den unumkehrbaren Rückzug des vorigen Inhabers festgelegt werden.